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Chronik oder Vereinsgeschichte

von Hermann Roith

 

 

Schauen wir zurück ins Jahr 1913, als der Verein sich konstituierte. Damals gab es in Tauberbischofsheim fast keine Autos und nur wenige Fahrräder. Man  war auf die Bahn oder seine Beine angewiesen, wenn man etwas von der näheren oder weiteren Umgebung seiner Heimat sehen wollte.

Und sie ist sehenswert, unsere Heimat: das Taubertal, der Odenwald, der Spessart.

Was lag näher als der Gedanke einiger junger, begeisterungsfähiger Menschen, sich zu kleinen Gruppen zusammenzuschließen, um die Heimat zu erwandern.

So entstand 1913 aus diesen Gruppen der „Spessartclub“. Der Spessart hatte es ihnen angetan. Dort konnte man tagelang durch die dunklen Wälder wandern, die noch beinahe urwaldähnlichen Charakter hatten. In den stillen kleinen Dörfern lebte eine sehr arme Bevölkerung. Das war der Spessart vor 100 Jahren.

 

Durch den Spessartbund Aschaffenburg und seine zahlreichen Ortsgruppen kam Leben in diese große Stille. Wege wurden angelegt, Bahnanschlüsse erkämpft Ruhebänke und Wegweiser aufgestellt und die ersten Wanderkarten herausgegeben. Diese Initiativen und das Bewusstsein, dass weitere Aufgaben nur gemeinsam gemeistert werden können, veranlasste die Vorstandschaft, sich dem Spessartbund anzuschließen.

Erster Vorsitzender des Vereins wurde Hermann Bäckert. Schriftführer und Kassier August Reinhard. Das erste Protokoll ging leider im Ersten Weltkrieg verloren. Dieser Krieg beendete vorläufig auch die Arbeit des jungen Clubs.

 

Im Januar 1919 wurde von dem „spärlichen Rest“ (6 Mann) in den damaligen „Deutschen Hof“ eine Versammlung einberufen, um über Auflösung oder Weiterbestehen zu beschließen. Vorstand Bäckert legte sein Amt nieder. Sein Nachfolger wurde Carl Dahl, der dieses Amt bis 1945 innehatte.

 

Unter seiner Leitung war dem jungen Verein ein ungeahnter Aufschwung beschieden. Die Mitgliederzahl erreichte in kurzer Zeit das erste Hundert. Der Club wurde in den „Verein der Spessartfreunde“ umbenannt.

Auch die Geselligkeit wurde gepflegt. Die erste der zur Tradition gewordenen Nikolausfeiern  stieg am 4. Dezember 1921. Im Februar 1922 fand der erste Spechteball im „Badischen Hof“ statt, dem nun alljährlich weitere folgten.

 

1926 bekam der Verein den ersten Wimpel.

 

1927 erfolgte der bereits erwähnte Zusammenschluss aller Spessartvereine im Spessartbund Aschaffenburg. Alljährlich findet im ersten Sonntag im Juli das Bundesfest statt. Im Oktober jeden Jahres werden die Verstorbenen mit einer Totenfeier auf dem Pollasch geehrt.

 

Von 1933 an hatte der Verein, wie alle Vereine, unter Mangel an Nachwuchs zu leiden. Die Jugend wurde politisch erfasst und fiel damit aus.

 

1938 feierte der Verein sein 25-jähriges Stiftungsfest.

 

Der Kriegsausbruch 1939 beendete nach und nach die Aktivitäten unseres Vereins. 1944 trat völliger Stillstand ein.

 

Nach dem Zweiten Weltkrieg, im August 1946, erhielt der ehemalige Wanderwart Walter Lang von der Militärregierung die Genehmigung zur Weiterführung des Vereins. Es war gar nicht so einfach für ihn, eine neue Vorstandschaft zu finden. Rasch blühte der Verein wieder auf, die Zahl der Mitglieder stieg auf 200 an. In August Draude fand der Verein eine Persönlichkeit, die voll Idealismus und Uneigennützigkeit ihre ganze Kraft in den Dienst des Vereins stellte.

 

Die Generalversammlung 1952 wählte Dr. Carl Kamm zum ersten Vorsitzenden des Vereins. Zweiter Vorsitzender wurde Alfons Stein. Unter der Regie von Dr. Kamm und seinen hervorragenden Mitarbeitern erlebte der Verein ein erneutes Aufblühen und nahm wieder seine altgewohnte Stellung im Vereinsleben von Tauberbischofsheim ein.

 

1953 feierte der Verein sein 40-jähriges Bestehen. Trachtengruppen aus dem Spessart, dem Odenwald und der Schwäbischen Alb führten die Gäste mit ihren Volkstänzen in die alten Bräuche ihrer Heimat ein. Musikkapellen spielten auf; es war ein Singen und Klingen in allen Straßen unserer Stadt. Doch das war nur ein Vorgeschmack dessen, was dann 1955 folgte. Der Initiative von Dr. Kamm war es zu verdanken, dass der Spessartverein anlässlich der 1200-Jahr-Feier der Stadt Tauberbischofsheim mit der Ausrichtung des Bundesfestes beauftragt wurde.

 

In einer eindrucksvollen Kundgebung am Vormittag des 3. Juli 1955 sprachen namhafte Vertreter der Regierung, der Vorsitzende der Deutschen Gebirgs- und Wandervereine Fahrbach, sowie der Vorsitzende des Spessartbundes Aschaffenburg, Landrat Dr. Degen, der auch die Festrede hielt.

 

43 Ortsgruppen mit über 2000 Teilnehmern kamen aus allen Gauen des Spessarts, vom Odenwald und von der Schwäbischen Alb, um mit uns das Bundesfest zu feiern. Der Festzug, wohl der größte, den unsere Stadt je sah.

 

Nach dem durch berufliche Inanspruchnahme bedingten Rücktritt von Dr. Kamm trat Apotheker Dr. Ferdinand Schneider 1956 die Nachfolge des Vorsitzenden an

 

Ab 1958 leitete Heinrich Keller die Geschicke des Vereins, und wieder hatten die Spechte eine glückliche Wahl getroffen. Sein Hauptziel war die Begeisterung der Jugend . Dafür hat er seine ganze Kraft eingesetzt und vollen Erfolg erzielt. In Hans Werner Siegel als Jugendwart fand er einen gleichgesinnten Freund und Helfer.

 

Im Oktober 1962 begleitete die große Spessartfamilie ihren Ehrenvorsitzenden Carl Dahl auf seinem letzten Weg. Rektor Keimel überbrachte Gruß und Dank des Spessartbundes Aschaffenburg. In Anerkennung seiner Verdienste war ihm die höchste Auszeichnung de  Bundes, die Goldene Ehrennadel, verliehen worden. Mit dem Lied „Im schönsten Wiesengrunde“ nahm die Spessartfamilie Abschied von ihrem Ehrenvorsitzenden.

 

Nach dem Tod von August Draude übernahm Heinrich Keller das Amt des Gauvertreters. Assistiert von Frau Bertl Dahl band er unseren Verein enger an den Spessartbund in Aschaffenburg. .

 

Er übernahm für den Bund zahlreiche Fahrten ins In- und Ausland, an denen sich viele  Tauberbischofsheimer Spechte beteiligten und heut noch davon erzählen. Leider musste Heinrich Keller aus beruflichen Gründen Tauberbischofsheim verlassen. Bereits bei der Hauptversammlung 1968 wurde Fritz Lang zum Ersten Vorsitzenden gewählt. In seine dreijährige Amtszeit fiel der Bau der Spessarthütte.

Ein Höhepunkt in der Vereinsgeschichte war der 26. Juni 1971, als die Spessarthütte von Pfarrer Müller und Pfarrer Maier feierlich eingeweiht wurde. Bei diesen Feierlichkeiten war auch Bürgermeister Grosch mit dem Gemeinderat, Dr. Beeg als Beauftragter des Naturschutzes, Oberforstrat Crocoll, Heinz Weber vom Vorstand des Spessartbundes und zahlreiche Vertreter von Behörden und Vereinen anwesend.

 

1968 wurden die Mittwochswanderungen des Spessartvereins von Josef Albert und Alfons Stein ins Leben gerufen, die ohne Unterbrechung bis heute durchgeführt werden und sich großer Beliebtheit erfreuen.  In diesem Zusammenhang bedanken wir uns bei unseren Wanderführern Josef Albert, Gertrud Schüßler, Marianne Bauer, Frieda Bauer und Hermann Roith recht herzlich.

 

1971 wurde Franz Dürr zum Ersten Vorsitzenden des Vereins gewählt. Dank seiner Aktivitäten und mit Unterstützung der Vorstandsmannschaft waren die 70er Jahre von einem starken Mitgliederzuwachs geprägt, der die Mitgliederzahl auf 460 anwachsen ließ. Interessante Wanderungen, Wanderfahrten in deutsche und österreichische Gebirgslandschaften, Vereinsfeste, Hüttenabende, eine Jugendgruppe und eine Vereinsmusikkapelle trugen ebenfalls zu diesen Erfolgen bei.

 

Während dieser Aufwärtsentwicklung  starb im Jahre 1975 unsere „Spechtemutter“, Frau Bertl Dahl. Auch sie war Trägerin der „Goldenen Ehrennadel“, der höchsten Auszeichnung, die der Spessartbund zu verleihen hat. Für die Anliegen und Bitten der Spechte hatte sie immer ein offenes Ohr. In die 60er Jahre ging der Spessartverein mit der gleichen Führungsmannschaft. Wichtigstes Ziel ist und bleibt das Wandern zur Gesunderhaltung von Körper und Geist.

 

In den Jahren 1980/81 wurde unter der Leitung vom damaligen Hüttenwart Oskar Häfner die Vereinshütte am Sprait winkelrecht angebaut. Mit diesem Anbau wurden auch eine neue Küche, ein Ausschank, ein Keller, Lagerräume und Toiletten geschaffen.

Als die Wasserleitung nach Dienstadt gebaut wurde, organisierte Oskar Häfner die rund 100m lange Stichleitung zur Hütte, und zusammen mit dem Reitclub gelang schließlich auch der  Anschluss an die Stromversorgung.

                                                          

 

Vom 6. bis 8. Mai 1988 feierte der Verein der Spessartfreunde sein 75-jähriges Jubiläum. Bei einem Festakt im Klostersaal in Tauberbischofsheim sprachen namhafte Vertreter des öffentlichen Lebens: Bürgermeister Erich Hollerbach sowie der Vorsitzende des Spessartbundes Aschaffenburg, Josef Braun, der auch die Festrede hielt.

Am zweiten Tag folgte ein Seniorennachmittag mit Dia- und Filmvorträgen über das Vereinsleben.  Am Sonntag, 8. Mai, fand ein Festgottesdienst in der Stadtkirche St. Martin statt. Viele Ortsgruppen und Gastvereine machten an diesem Tag eine Sternwanderung nach Tauberbischofsheim. Mit einem Bunten Nachmittag in der Festhalle endete das Vereinsjubiläum.

 

Bei der Hauptversammlung 1988 stellte sich Franz Dürr aus Altersgründen nicht mehr zur Wahl. Als neuer erster Vorsitzender wurde Oskar Häfner gewählt. Mit jahrzehntelanger Erfahrung als Bauleiter einer namhaften Firma in unserem Gebiet brachte er viel Erfahrung mit, die er im neuen Vereinsheim umsetzen konnte. Als leidenschaftlicher Alpinist führte er mit seiner Frau Elfriede jährlich im Herbst einwöchige Bergwanderungen für unseren Verein durch.

Rege Aktivität der Spechte war das Leitmotiv in den 90er Jahren. Nach der Jahrtausendwende rückte eine neue Generation heran, die neue Akzente setzen wollte.

So wurde bei der Hauptversammlung am 16. Februar 2002 zum ersten Mal im Spessartverein eine Frau als erste Vorsitzende gewählt und mit der Führung des Vereins beauftragt. Frau Luise Rudorfer wurde in Tauberbischofsheim geboren und ist seit 1978 Mitglied bei den Spechten. Sie ist Industriekauffrau und Gesellschafterin der Rudorfer G.m.b.H.. Dort stellt sie mit Kompetenz, Sachlichkeit und Durchsetzungsvermögen ihren „Mann“.

Eine neue Spitze und eine gut funktionierende Vorstandschaft haben den Zulauf neuer Mitglieder gefördert. Auch viel neue Wanderer fanden den Weg zum Spessartverein.

Im Jahre 2009 wurde dem Verein ein Grundstück westlich von unserer Hütte am Sprait teils geschenkt und teils gekauft. Das war die Voraussetzung für einen zweiten Hüttenanbau, der nur  zu Gunsten einer besseren und geräumigen Bewirtschaftung in Angriff genommen wurde. Dieser 2,5m lange Anbau über die Hüttenbreite nach Westen wurde im Jahr 2009 in ganz kurzer Zeit überwiegend mit freiwilligen Helfern aus unserem Verein erstellt und eingerichtet.

 

Nicht unerwähnt sollte das zweite Standbein des Spessartvereins bleiben. Seit 45 Jahren findet an jedem Mittwoch eine Mittwochswanderung mit einer Wegstrecke zwischen 6 und 8 km statt, an denen sich im Jahresdurchschnitt etwa 40 Personen beteiligen.